Wer Salzburg besucht, entdeckt früher oder später einen Ort, der wirkt, als sei er aus einem Märchenbuch gefallen. Nur wenige Schritte von der geschäftigen Getreidegasse und dem Trubel der Altstadt entfernt öffnet sich eine Welt aus symmetrischen Wegen, leuchtenden Blumenbeeten und plätschernden Brunnen. Schloss Mirabell und der Mirabellgarten sind kein verborgener Geheimtipp, sondern das vielleicht romantischste Ensemble der Stadt – und doch wirkt es, als gehöre es einem ganz allein, sobald man die ersten Schritte durch die schmiedeeisernen Tore macht.
Das Schloss selbst wurde um 1606 von Fürsterzbischof Wolf Dietrich von Raitenau erbaut, nicht aus politischem Kalkül, sondern aus Liebe. Er ließ es für seine Geliebte Salome Alt errichten, ein kühnes Zeichen für einen Mann seiner Stellung, der eigentlich der Kirche verpflichtet war. Allein diese Entstehungsgeschichte verleiht dem Ort einen Hauch von Verbotenem, von Leidenschaft, die sich nicht den Konventionen beugte. Vielleicht ist es gerade dieser Ursprung, der Schloss Mirabell so besonders macht. Es ist kein kühler Machtbau, keine Festung, sondern ein Ort, der von Zuneigung und Schönheit erzählt.
Der Mirabellgarten ist das Herzstück des Ensembles. Er wurde im 17. Jahrhundert im barocken Stil angelegt und ist bis heute ein Musterbeispiel europäischer Gartenkunst. Schon der erste Blick auf die symmetrischen Blumenbeete, die akkurat geschnittenen Hecken und die Sichtachse, die den Blick auf die Festung Hohensalzburg lenkt, lässt ahnen, dass hier alles bis ins kleinste Detail geplant wurde. Und doch wirkt es nicht starr, sondern voller Leben. Im Frühling blüht der Garten in allen Farben, im Sommer erfüllen Kinderlachen und Vogelgesang die Luft, und selbst an Wintertagen hat er etwas Erhabenes, wenn Schnee die Figuren und Balustraden bedeckt.
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Besonders berühmt ist die Pegasus-Statue, die inmitten eines Brunnens steht. Sie scheint bereit, sich jeden Moment in die Lüfte zu erheben. Um sie herum finden sich vier Figurengruppen, die die Elemente darstellen – Erde, Wasser, Feuer und Luft. Wer hier verweilt, kann leicht ins Träumen geraten, und tatsächlich war der Garten schon für viele Reisende eine Quelle der Inspiration. Musiker, Dichter, Maler – sie alle haben hier die Harmonie von Natur und Kunst bewundert.
Nicht weniger faszinierend sind die berühmten Zwergelgärten mit ihren barocken Zwergenfiguren. Jeder von ihnen scheint eine eigene Persönlichkeit zu haben – einige schelmisch, andere ernst, manche beinahe spöttisch. Sie wirken wie stumme Beobachter, die seit Jahrhunderten über die Besucher wachen. Besonders Kinder lieben es, zwischen ihnen hindurchzulaufen und ihren Favoriten auszuwählen.
Im Schloss selbst lohnt ein Blick in den Marmorsaal, der heute für Trauungen und Konzerte genutzt wird. Mit seinen prächtigen Stuckarbeiten und den hohen Fenstern ist er einer der schönsten Räume Salzburgs. Hier wird Musik lebendig – nicht selten erklingen hier die Werke Mozarts, und man fühlt sich für einen Moment in die Zeit der fürsterzbischöflichen Hofgesellschaft zurückversetzt.
Für Besucher aus aller Welt ist der Mirabellgarten ein Ort, an dem man die barocke Seele Salzburgs spüren kann. Er ist ein idealer Ausgangspunkt, um die Stadt zu erkunden, und gleichzeitig ein Rückzugsort, wenn man vom Trubel der Gassen genug hat. Hier kann man verweilen, die Gedanken schweifen lassen, die Festung im Blick behalten und sich vorstellen, wie es gewesen sein muss, als Wolf Dietrich und Salome Alt hier wandelten.
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Doch auch für Einheimische hat der Mirabellgarten eine besondere Bedeutung. Viele Salzburger kommen regelmäßig hierher – zum Spazierengehen, um auf einer der Bänke ein Buch zu lesen oder einfach, um die wechselnden Blumenarrangements zu bewundern. Der Garten ist nicht nur ein touristischer Anziehungspunkt, sondern Teil des Alltags. Er ist ein Ort, an dem man im Frühling das erste Grün begrüßt, im Sommer die Mittagspause verbringt und im Herbst das Rascheln des Laubs genießt.
Besonders stimmungsvoll ist der Garten in den frühen Morgenstunden oder am Abend, wenn die meisten Touristen gegangen sind. Dann liegt eine fast meditative Ruhe über den Wegen, und der Blick auf die Festung im warmen Licht der untergehenden Sonne hat etwas beinahe Magisches. Es ist ein Moment, der den Besuch unvergesslich macht, weil er nicht nur gesehen, sondern gefühlt wird.
Vielleicht ist es genau diese Mischung aus Geschichte, Schönheit und lebendigem Alltag, die Schloss Mirabell und seinen Garten so einzigartig macht. Sie sind ein Geschenk an die Stadt, ein Ort, der über Jahrhunderte gepflegt und bewahrt wurde, damit auch kommende Generationen ihn erleben können. Wer Salzburg besucht, ohne hier gewesen zu sein, verpasst einen der poetischsten Orte der Stadt. Und wer hier lebt, weiß: Ein Spaziergang durch den Mirabellgarten ist mehr als nur Zeitvertreib. Es ist eine Rückkehr zu einem Stück Heimat, das immer neu verzaubert.
