Salzburg, 1612. Die Stadt glich einem Pulverfass. In den Gassen wurde getuschelt, in den Wirtshäusern getrunken und spekuliert: Der mächtige Fürsterzbischof Wolf Dietrich von Raitenau war gefallen! Kaum jemand hätte das noch vor wenigen Jahren für möglich gehalten. Er, der große Bauherr, der Mann, der Salzburg aus der Enge des Mittelalters befreit hatte, saß nun selbst eingesperrt auf der Festung Hohensalzburg – nicht als Herrscher, sondern als Gefangener.

Es war ein Skandal, wie ihn die Stadt selten erlebt hatte. Wolf Dietrich war kein gewöhnlicher Kirchenfürst. Er war ein Mann mit Geschmack, mit Sinn für Macht und Prunk, ein Herrscher, der Salzburg nach italienischem Vorbild neu gestalten wollte. Unter seiner Hand entstanden neue Plätze, neue Straßen, ein Plan für einen barocken Dom. Die Stadt wurde zur Bühne – und er selbst der Hauptdarsteller. Doch diese Inszenierung hatte ihren Preis.

Die Leute erzählten sich, Wolf Dietrich habe das Geld mit vollen Händen ausgegeben. Seine Bauten waren prächtig, doch teuer, und nicht jeder im Domkapitel war mit dieser Verschwendung einverstanden. „Er lebt wie ein Fürst und nicht wie ein Mann Gottes!“, soll man hinter vorgehaltener Hand gemurmelt haben. Noch mehr Zündstoff lieferte seine Beziehung zu Salome Alt, einer Kaufmannstochter, die nicht nur seine Geliebte war, sondern auch die Mutter seiner zahlreichen Kinder. In einer Zeit, in der von einem Bischof Keuschheit erwartet wurde, war das ein offenes Geheimnis – und ein gefundenes Fressen für den Klatsch der Stadt.


Bitcoin: 20 starke Gründe für die Zukunft des Geldes: Warum immer mehr Menschen auf digitales, grenzenloses und sicheres Geld setzen.

Klick auf das Bild / Buchcover


Man stelle sich die Szene vor: die feine Gesellschaft Salzburgs bei einem Fest im Schloss Mirabell, das Wolf Dietrich eigens für Salome erbauen ließ. Die Damen flüstern hinter ihren Fächern, die Herren schmunzeln. Jeder weiß, wessen Schloss das ist und warum es erbaut wurde. Für die einen war es ein romantischer Liebesbeweis, für andere ein Skandal.

Doch es war nicht allein die Liebe, die ihn zu Fall brachte. Politisch stand Salzburg zwischen den Fronten: Bayern auf der einen Seite, Österreich und das Domkapitel auf der anderen. Wolf Dietrich wollte Salzburg unabhängig halten, doch seine Alleingänge brachten ihn zunehmend in Konflikt mit den Mächtigen. Als er schließlich Truppen gegen bayerische Besitztümer führte, war das Maß voll. Bayern marschierte ein, Salzburg wurde belagert, und der Fürsterzbischof musste fliehen.

Die Jagd nach Wolf Dietrich war Stadtgespräch. Man erzählte sich, er habe sich verkleidet, sei über Geheimgänge entkommen, habe versucht, Verbündete zu mobilisieren. Doch am Ende wurde er gefasst – ausgerechnet in der Stadt, die er geliebt und geformt hatte. Sein Schicksal war besiegelt.

Wolf Dietrich wurde auf die Festung Hohensalzburg gebracht. Die Festung, die er selbst einst hatte verstärken lassen, wurde nun sein Gefängnis. Man kann sich vorstellen, wie er in seiner Zelle saß, die Stadt zu seinen Füßen, die Glocken des Doms läuteten, aber nicht mehr für ihn. Für einen Mann seines Stolzes war das schlimmer als jede Strafe.


Im Walzer der Donaumetropole Wien: Eine Reise durch Wiens Geschichte, Kultur, Mythen und Geheimnisse

Hol dir das Lesevergnügen – Klick auf das Buchcover


Und die Stadt? Sie konnte nicht genug bekommen von dieser Geschichte. Die Wirte machten gute Geschäfte, denn überall wurde darüber geredet. „Habt Ihr gehört?“, rief einer in der Schranne. „Sie haben ihn abgeführt wie einen gewöhnlichen Verbrecher!“ Und ein anderer schwor, er habe gesehen, wie Salome Alt weinte, als sie von der Gefangennahme erfuhr.

Die letzten Jahre seines Lebens verbrachte Wolf Dietrich nicht mehr in der prachtvollen Residenz, sondern als Gefangener – erst auf der Festung, später auf Schloss Hohenwerfen. Dort, so berichten Zeitgenossen, soll er noch immer von seiner Salome gesprochen haben. Die Legende sagt, er habe versucht, zu fliehen, doch es gelang ihm nie.

1617 starb er in der Verbannung, ein gebrochener Mann. Er wurde nicht in Salzburg, sondern im Stift St. Peter begraben – weit entfernt von den Prachtbauten, die er errichtet hatte.

Und doch: Seine Geschichte endete nicht mit seinem Tod. Bis heute prägt sein Wirken das Gesicht Salzburgs. Jeder, der durch den Mirabellgarten geht, jeder, der auf dem Residenzplatz steht, sieht die Spuren dieses Mannes. Und vielleicht ist es gerade dieser dramatische Sturz, der ihn so faszinierend macht. Er war kein frommer Asket, kein stiller Kirchenfürst – er war ein Mann, der zu viel liebte, zu groß dachte, zu weit ging.

Salzburg liebt seine Skandale, und Wolf Dietrich bleibt der größte von allen. Er war der Bauherr, der Liebhaber, der Rebell. Und auch wenn er stürzte, so hat er die Stadt in eine neue Epoche geführt. Vielleicht lächelt er heute, irgendwo, wenn er sieht, wie Menschen aus aller Welt seine Stadt bewundern – und wie sein Name noch immer flüstert wird, in den Cafés, auf den Plätzen, in den Geschichten der Fremdenführer.


Comments

No comments yet. Why don’t you start the discussion?

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert